Wolfgang Effenberger, Reuven Moskovitz
Deutsche und Juden vor 1939
Stationen und Zeugnisse einer schwierigen Beziehung


Die meisten Publikationen, die sich des Schicksals der Juden in Deutschland annehmen, haben primär den Zeitraum zwischen 1939 und 1945 im Blickfeld. Dieses Buch setzt weit früher an und widmet sich vornehmlich der Frage nach der Entstehung des deutsch-jüdischen Dilemmas.
Um die Wende vom 19. ins 20. Jahrhundert waren Juden in Deutschland weitestgehend assimiliert – sie fühlten sich voll und ganz als Deutsche. Die Autoren, stets um Sachlichkeit bemüht, belegen dies anhand vielerlei Quellen und Zeugnisse. Einzigartig wird die Zusammenstellung durch zeitgeschichtliche Kommentierungen jüdischer Zeitungen und Zeitschriften von 1850 bis zu ihrem Verbot 1938, welche im Anhang einzeln porträtiert werden.
Das Buch dokumentiert auch bemerkenswerte „geschichtlichen Randnotizen“, welche nicht selten entscheidende Hinweise für das Gesamtverständnis liefern. Weniger bekannt ist beispielsweise, daß …
• viele deutsche Juden patriotisch dachten und es als ihre Pflicht ansahen, sich im Ersten Weltkrieg freiwillig zum Militärdienst zu melden.
• die Mehrheit der jüdischen Bevölkerung in Deutschland zugewanderten „Ostjuden“ skeptisch bis ablehnend gegenüberstand.
• ein von den Briten gegründetes Hochkomitee bereits 1907 plante, einen „Fremdkörper“ in die arabischen Länder zu pflanzen, „um die Vereinigung ihrer Flügel zu verhindern“; stattdessen sollten sie sich „in niemals endenden Kriegen erschöpfen“.
• nur ein winziger Prozentsatz der Juden in Deutschland sich für Sozialismus und Kommunismus begeistern konnte, gleichwohl Karl Marx wie auch Kurt Eisner Juden waren.
• in Russland 1915 die jüdische sozialistische Republik Birobidschan entstand und bis heute autonom existiert.
• der moderne Antisemitismus hierzulande erst nach der gescheiterten Revolution im Freistaat Bayern 1919/20 seinen Anfang nahm.
• ab Sommer 1938 Zionisten und Nationalsozialisten heimlich hinsichtlich einer illegalen Einwanderung nach Palästina kooperierten.

640 Seiten, über 100 Abb., Broschur.
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